Donnerstag, 30. Oktober 2014

Mitten drin am Anfang

Vor zwei Wochen waren noch Semesterferien und ich steckte mitten zwischen Bachelor und Master, das eine fertig, das andere noch nicht angefangen. Als mein Bachelorstudium vor gut drei Jahren kurz bevorstand, habe ich mich unglaublich gefreut. Ich war hibbelig, ich war aufgeregt, klar hatte ich auch Angst, aber die Vorfreude hat definitiv überwogen, die Freude auf alles Neue, Spannende, Fantastisch-Unihaftige.

Vor zwei Wochen also, kurz vor Beginn meines Masterstudiums hätte es mir eigentlich genauso gehen sollen. Gut, klar, es ist nicht mehr alles neu, ich weiß, wo die Mensa ist und muss auch nicht auf jede Ersti-Feier, um Freunde zu finden, aber ich hätte mich doch freuen sollen auf all das neue Wissen, das mich erwartete.

War aber nicht so. Ich hatte keine Lust, ich hatte gar keine Lust. Der Grund: Mein fünftes Bachelorsemester, also das letzte, in dem ich Module belegt habe, die ich belegen musste, war stinkelangweilig. Zwei Seminare waren unbenotet und bestanden nur aus Referaten und seien wir ehrlich, ohne Note gibt sich niemand Mühe und wenn sich die ersten Referatsgruppen keine Mühe geben, dann fehlt ab dem dritten Vortrag sogar die lahmste PowerPoint-Präsentation und vorne hockt ein Haufen Studenten, denen man anmerkt, dass ihre Vorbereitung sie vielleicht eine halbe Stunde gekostet hat.

Und da habe ich Angst bekommen: Was, wenn das jetzt noch mal zwei Jahre so weiter geht? Klar, ich will den Master, weil ich dann bessere Jobaussichten habe, aber noch mal vier Semester Germanistik-Seminare aus ehlenden Referaten und VWL-Vorlesungen, bei denen die Klausur am Ende 300 auswendig gelernte PowerPoint-Folien abfragt? Nö, kein Bock! So ging ich also letzte Woche lustlos in meine Veranstaltungen, trottete langsam meine 20 Minuten zur Uni und befürchtete das Schlimmste... 

Und dann kam alles anders. Meine Russisch-Dozentin ist megamotiviert und supersüß, in meinem Tragik-Seminar lesen wir unter aderem "Homo Faber", eines meiner absoluten Lieblingsbücher, im Kolloquium haben wir uns auf die Lektüre - und zwar nur die Lektüre - von Anna Karenina geeinigt, in VWL erzählt mir ein bereits emeritierter Professer, zwar etwas altmodisch, dafür aber umso charmanter etwas über die philosophischen Grundlagen der Unternehmensethik, in einer anderen Vorlesung wurde uns am Anfang explizit gesagt, dass in der Klaur Gedankengänge gefordert werden und kein Bulimie-Lernen, und selbst die allgemeine Steuerlehre ist spannend.

Das Ergebnis: Ich bin motiviert, glücklich, gespannt, muss mich mit keinen unmotivierten Referatsgruppen auseinandersetzen und kann das tun, weshalb ich an der Uni bin: ganz viel lernen und über das Gelernte noch mehr nachdenken, liebes Masterstudium, ich danke dir, dass es dich gibt!