Freitag, 19. Oktober 2012

Dufterinnerungen

An Düfte kann man sich nur ganz schwer erinnern. Ich kann mir in Gedanken ein Lied vorsingen, ich kann Bilder und Szenen noch einmal durchspielen, bei Geschmack wird es schon schwieriger, aber wenn ich mich an den Geschmack von Schokolade erinnere, dann läuft mir gleich das Wasser im Mund zusammen - aber Gerüche?

Ich kann mir nicht in Gedanken einen Duft, den ich schon mal gerochen habe, wieder heraufbeschwören. Ich kann es versuchen, ich strenge mich wirklich an, aber es funktioniert nicht.

Umso erstaunlicher, dass ich wahnsinnig viele Erinnerungen an Gerüche koppel.
Neulich stand ich unter der Dusche bei meinen Eltern und wollte das Shampoo meiner Mutter benutzen - ich selbst benutze seit Jahren andere - und als ich den Duft des Shampoos roch, stand ich auf einmal wieder in der Gruppendusche unseres Schulschwimmbads nach dem Schwimmunterricht und war fünf Jahre jünger.

Wahnsinn. Ich habe sowas schon öfter erlebt: An Orten, an denen ich jahrelang nicht war, konnte ich mich sofort, als ich wieder dahin kam und den Duft roch, daran erinnern, was mir da passiert ist, was ich gemacht habe, selbst, wenn ich damals noch ein Kind war.

Und immer wieder, wenn mir sowas passiert, bin ich völlig überrascht und geflasht, wie intensiv diese Erinnerungen, die dann kommen, sind, und ich denke immer wieder, dass man sich das doch irgendwie zu Nutzen machen muss.

Ich habe mal gelesen, dass man, wenn man lernen will, das bei einem bestimmten Duft machen soll, zum Beispiel mit ätherischen Ölen oder sowas, und wenn man dann in der Klausur diesen Duft riecht, dann würde einem das, was man gelernt hat, viel leichter wieder einfallen.
Ich habe das mal so halbherzig in der Vorbereitung zum Abi probiert, aber da es nur halbherzig war, hat es natürlich nicht funktioniert, aber eigentlich wäre es noch mal einen neuen und diesmal ernsthaften Versuch wert.

Montag, 15. Oktober 2012

Septemberbücher: Arthur Schnitzler

Meine Septemberlektüre stand unter einem Motto: Arthur Schnitzler! Und zwar haben es folgende Bücher geschafft, von mir gelesen zu werden:

"Flucht in die Finsternis": Ein Blick in den Wahnsinn. Schnitzler beschreibt wirklich feinsinnig die Innenwelt des Protagonisten Robert, ohne die dunklen Gedanken zu verheimlichen, und zeichnet somit das Bild eines Menschen, der sich seiner selbst immer weniger sicher ist und deshalb erst recht nicht mehr anderen vertrauen kann. Eine wirklich tiefe Einsicht in menschliche Abgründe.

"Anatol": Die Geschichte eines Kasanovas möchte man denken, jede Episode eine andere Frau, die einzige Konstante ist sein Freund Max. Leichtlebig und doch irgendwie auch trübsinnig.

"Der grüne Kakadu": Ich gebe zu, irgendwie kann ich dazu gar nichts sagen. Es spielt am Abend des 14. Juli 1789 in Paris, also in der französischen Revolution. Schauspieler spielen den Gästen einer Kneipe vor, sie seien Verbrecher, doch keiner weiß so richtig, was wahr und was gespielt ist.

"Reigen": Das Skandalstück. Damals. Schnitzler zeigt Gespräche von Paaren vor und nach dem Sex. Unerhört für die Menschen des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Heute natürlich geradezu keusch, aber ein Schnitt durch die Gesellschaft zu einem Thema, das alle betrifft.

"Professor Bernhardi": Zu Dramentexten kann ich immer nur schlecht was sagen, weil man ja nicht weiß, wie sie am Ende aufgeführt aussehen. Schnitzlers Kritik am Antisemitismus, am Ende die Hoffnung auf eine glückliche Zukunft, in der die Religion keine Rolle mehr spielen soll.
Professor Bernharid, Gründungsmitglied eines Wiener Krankenhauses und Jude, verweigert einem Priester den Zutritt zu einem Krankenzimmer, um die Kranke nicht zu beunruhigen. Seine Neider und Rivalen machen das zum Skandal und gefährden damit nicht nur seinen Posten, sondern auch das ganze Krankenhaus.

Mittwoch, 10. Oktober 2012

"Ab jetzt" - Alan Ayckbourn


Eine Bühne und ein Roboter - Gou (Henrike Richters, Elisabeth-Marie Leistikow) - entwickelt, um Kinder zu betreuen, aber mittlerweile wieder vom Markt genommen - eine Zukunft, in der eine Beziehung zu einer Maschine erstrebenswerter scheint, als die zu einem Menschen. Jerome (Dirk Böther), ein Komponist lebt in einem Vorort, der von den "Töchtern der Finsternis" beherrscht wird. Er will das Sorgerecht für seine Tochter Geain (spricht sich "Jane")(Udo Eidinger) zurück und lässt sich deshalb die Schauspielerin Zoe (Elisabeth-Marie Leistikow) ins Haus kommen, um sie als perfekte Lebensgefärtin zu engagieren und so den Sozialarbeiter zu überzeugen. 
Die ist beim Vorstellungsgespräch furchtbar aufgeregt und als sie bemerkt, das Jerome alles aufnimmt, was in seiner Wohnung gesprochen wird, verschwindet sie. Jerome fehlt also immer noch die Partnerin - kurzerhand wird Gous umprogrammiert und in Zoe verwandelt. 
Ex-Frau Corinna (Henrike Richters) und der Sozialarbeiter (Axel Theune) merken nichts, nur Geain, mittlerweile zum transsexuellen Sohn geworden, findet den Roboter auf einmal viel anziehender als ihre Familie.
Vor dem Haus toben die "Töchter der Finsternis", in der Wohnung ist jeder gefangen in seinem eigenen Wahnsinn und geschockt von dem des anderen, auf die Spitze getrieben durch die Nanny-Maschine. Jeder redet, nur reden sie nicht miteinander.
Der Zuschauer gefangen in der Zwickmühle: Man will lachen, aber versteckt sich hinter den leeren Blicken nicht die Tragik? Soll das unsere Zukunft sein und können wir dann lachen?
Am Ende der unvermeidliche Knall und das Fünkchen Hoffnung: die Familie wieder vereint, der Sohn wieder im Kleidchen, alles könnte glücklich enden, die Maschine stirbt, alles könnte gut werden, wenn da nicht der Mensch wäre ...
"Ab jetzt", ein Schauspiel von Alan Ayckbourn, im jungen Theater Göttingen inszeniert von Tim Egloff - wirklich gut, wirklich lustig, ein wunderbarerer Abend!